Janosch: Susanne, der Bär, der Kater Mikesch und die Tigerente unterwegs nach Panama

Die Art Galerie Siegen präsentiert ab dem 03. November 2019:
Susanne, der Bär, der Kater Mikesch und die Tigerente unterwegs nach Panama

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Vernissage: Sonntag, den 03. November 2019, um 11 Uhr
Art Galerie, Fürst-Johann-Moritz-Straße. 1, 57072 Siegen
Die Art Galerie stellt vom 03. November 2019 bis zum 04. Januar 2020 Bilder von Horst Eckert alias Janosch aus.

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Horst Eckert, 1931 in Oberschlesien geboren, gilt heute als einer der bedeutendsten Kinderbuchautoren- und Illustratoren Deutschlands. Mit Geschichten wie „Oh wie schön ist Panama“ oder „Post für den Tiger“ prägte Eckert, besser bekannt als Janosch, eine ganze Generation. Im Alter von 22 Jahren zog Janosch nach München wo er, nach einem nicht beendeten Studium an der Akademie für bildende Künste, rund 3 Jahre später als Schriftsteller für den Feuilleton zu arbeiten begann. Erst auf den Ratschlag eines Freundes hin entschied sich Eckert dazu, aus angefertigten Zeichnungen ein Kinderbuch zu erstellen. Nachdem sein Verleger Georg Lentz ihm daraufhin noch zum Namen „Janosch“ riet, erschien 1960 sein erstes Kinderbuch mit dem Titel „Die Geschichte von Valek dem Pferd“. Figuren wie Tiger und Bär, als auch die Tigerente, erfreuen sich bis heute großer Beliebtheit bei Jung und Alt. Mit über 150 Büchern in über 30 Sprachen, zahlreichen Illustrationen, sowie Filmen in 30 Sprachen ist Janosch heute nicht mehr nur deutschlandweit bekannt. Ihn zeichnet sein unverwechselbarer Zeichen- und Malstil aus, welcher vor allem in seinen Serigrafien und Leinwandarbeiten zum Tragen kommt. In seinen oftmals humorvollen Arbeiten geht es dabei auch oft um Gesellschaftskritik. In diesen Arbeiten ist die Sprache ebenfalls ein wichtiges Element für Janosch. Titel, Aussprüche und teilweise ganze Dialoge sind in die Bildkomposition miteingebunden, werden so zu einem Teil des Ganzen. Die Art-Galerie Siegen freut sich auf Ihren Besuch.

Janosch
Susanne, der Bär, der Kater Mikesch und die Tigerente unterwegs nach Panama
03. November 2019 bis 04. Januar 2020
Vernissage: Sonntag, 03. November 2019, 11 Uhr
In die Ausstellung führte ein: Kirsten Schwarz, M.A.

Janosch

Schlimm wird es für Künstler immer dann, wenn eines ihrer Werke oder Bücher zum Synonym für den Menschen oder das Gesamtwerk werden. Reduziert zu werden auf eine einzige Idee, auch wen sie einen noch so populär werden lässt, kann einen kreativen Menschen nicht befriedigen. Manche reagieren sogar erbost, spricht man sie immer wieder darauf an.Bei Janosch ist es die Tigerente. Sie begründete seinen Ruhm und wurde für sein Streben ein anerkannter Künstler und Schriftsteller für Erwachsene zu werden zum Fluch. Wer wird schon gern zum ‚One-Hit-Wonder‘? Die Tigerente wurde zu seinem Markenzeichen und zugleich hat er ein zwiespältiges Verhältnis zu ihr. Zumal sie gar nicht komplett seine Idee war:
‚Die Idee war von mir. Aber die Ente mit den Rädern war von (F.K.) Waechter. Ich habe auf die Ente von Waechter Streifen gemalt. Dadurch wurde sie zu einer Tigerente.‘ in einigen Interviews nannte er sie kitschig und überschätzt, da sie ja nur eine Nebenfigur der Geschichten sei. Dennoch kennen und lieben diese Ente Millionen von Kindern. Als sein Durchbruch 1978 mit ‚Oh, wie schön ist Panama‘ kam, war er bereits 47 Jahre alt und versuchte seit Jahrzehnten als Künstler und Schriftsteller Fuß zu fassen. Dabei wies sein bisheriger Lebensweg in ganz andere Richtungen: er hatte keinen Schulabschluss, eine abgebrochene Schlosserlehre und eine Ausbildung zum Textil-Gestalter. Zweimal wurde er an der Akademie der schönen Künste in München abgelehnt, einmal mit den Worten: ‚Wissen Sie was? Packen sie ihre Sachen, gehen sie nach Hause und machen Sie etwas anderes.’ Ein bitterer Schlag für Janosch, der sich eigentlich schon immer sehr fürs Malen und Zeichnen interessiert hatte. ‚Eigentlich bin ich Maler. Nur weil ich davon nicht leben konnte, habe ich mir einen Job gesucht und kam zum Kinderbuch.‘ Dazwischen entwarf er Tapeten und Dekostoffe. Doch seine Liebe galt immer der Malerei:’ Ich hatte mich seit 12 Jahren ernsthaft bemüht, zu malen – richtig große Kunst zu schaffen. Ich hatte gearbeitet – gearbeitet und gelitten. Denn ich wußte ja: jeder große Künstler muss leiden. Und ich litt! Ich war damals ein großer Künstler – weiß Gott!  – ich war einer, am Leid gemessen. Aber ich habe nie etwas verkauft.’
Doch die Begegnung mit dem Verleger Georg Lentz führte ihn in eine etwas andere und wie sich herausstellen sollte, wesentlich lukrativere Richtung. Nach einem durchzechten Abend sagte dieser zu Janosch: ‚Was du im Kopf denkst, das ist so absurd, dass du es aufschreiben musst.’’ Gleichzeitig war es für Janosch klar, das seine Bücher illustriert sein sollten und zwar von ihm selbst. Der Erfolg blieb zuerst aus, doch schon 1975 hatte der Verlag 21 Titel von Janosch im Programm, meist für Erwachsene geschrieben. Langsam verkauften sich seine Werke und er wurde selbstbewusster, allerdings nahm auch seine Alkoholsucht zu und er konnte nur noch Arbeiten, wenn er trank. Bei den Themen seiner Bücher und Zeichnungen überwogen von Anfang an die skurilen Charaktere, die Kauzigen und Erfolglosen, die, die sich durchbeissen, über Wasser halten und aus dem Wenigen das Beste machen. Er malt Sonderlinge und Aussenseiter, Trinker und Betrüger. Seine bevorzugte Technik war und ist die Gouache, Tempera und Aquarell. Die Zeichnungen werden mit Tusche vorgemalt und anschliessend scheinbar ungelenk koloriert. Übermalen ist sein Markenzeichen, schön krakelig muss es aussehen. Hingeworfen und lapidar, er selbst nennt es kritzeln: ‚Ich kenne mich mit Kunststilen nicht gut aus. Ich sage immer : gekritzelt. Mein Stil ist kritzeln. Vielleicht ist das ein neuer Stil.‘ Das ist die Kunst des Understatements, die Janosch perfekt beherrscht. Auf einer scheinbar naiven Zeichnung für Kinder kann man nämlich sehr viel Wahrheit und Lebensweisheit unterbringen. Er bewundert Paul Klee als Zeichner und Tommy Ungerer für seinen subversiven Humor. Von beiden haben seine Zeichnungen etwas, aber auch Chagall scheint durch mit der Fidel, den Ziegen und den fliegenden Frauen und Tieren. Doch Janosch zeichnet, wie er will. In deftiger Manier und dennoch nie derb. Die Liebe zu diesen Figuren ist immer offensichtlich, sie sind Versager in der harten Wirklichkeit, einfältig und manchmal großmäulig. Sie sind dicklich und ungelenk, ungebildet und oft vulgär und doch gibt er ihnen allen eine große Menschlichkeit und Wärme mit. Sie freuen sich an kleinem Dingen, so profan dies klingt, Aber dies aber doch auch für Janosch selbst sein Lebensmotto.
Alles ist weich in den Bildern, für Ecken und Kanten ist kein Platz, die Zentral-Perspektive soll einhalten wer will, Janosch will es nicht. Die Farben sind knallig und dabei lasierend und verschwimmend. Naiv-drollig und anrührend in der Darstellung, aber dabei hintergründig und weise besonders in den eingefügten Kommentaren. ,Traumwelten’ klingt abgedroschen, es sind Erinnerungsfetzen aus der Kindheit und Jugend im Oberschlesien der dreissiger und vierziger Jahre. Aus der Zeit der Hippies auf Ibiza und La Gomera in den Siebzigern. Janosch huldigt der Freiheit, der Liebe und der Anarchie. Jeder Mensch ist seiner Meinung nach in all seinen Lebensformen und Lebensumständen ernst zu nehmen und liebenswert. Das ist die Essenz seiner Werke.
Entstanden ist sie aus seiner schweren Kindheit, die in Armut begann und im anbiedernden Großtun der emporgekommenen Eltern endete. Seine Eltern waren ein großkotziger Säufer und eine eingeschüchterte Mutter, die erfahrene Gewalt an das Kind weitergab. ‚Von Geburt bin ich ein Unglücksmensch. Mein Vater war jeden Tag besoffen und meine Mutter nicht intelligent genug, um ein Kind richtig zu behandeln. Optimist bin ich erst später geworden.‘
Janosch erzählt heute berührend ehrlich und mit berechtigtem Zorn von seiner lieblosen Kindheit, die von Gewalt, Angst und ständigen Schuldgefühlen geprägt war. Dazu trug auch die allmächtige katholische Kirche Polens ihren Teil bei. Bis heute lässt Janosch kein gutes Haar an der Kirche, die ihn nur an scheinbaren Verfehlungen mass und dafür oft sadistisch strafte.
‚Ich wurde sehr gemein katholisch erzogen. Alles Katholische ist mir zuwider. Religionen zwingen die Leute in die Knie.‘
Auf die Frage, was seine Kinderbücher vermitteln sollen, antwortete er:  ’ Lasst euch nichts gefallen. Die Eltern muss man nicht ehren, wenn sie saufen.’
In seinen Kinderbüchern und vielen seiner mittlerweile über 10.000 Zeichnungen pflegt er dagegen Werte wie Freundschaft und Bescheidenheit, ohne erhobenen Zeigefinger und Belehrungen. Davon hatte er in seiner Kindheit schon zuviel vom ersteren zuwenig. ‚Ich suchte immer alles das, was es in meiner Familie nicht gab. Wie einen Rettungsring.‘ Seine Kinder-Geschichten bezeichnet er als ein Gegengift gegen alles Erlebte. In seinen später entstandenen biografischen Büchern versucht er hingegen, eben dieses zu verarbeiten. Diese beiden Pole und seine strake Prägung durch das Aufwachsen in Oberschlesien im Grenzland zu Deutschland, mit all seinen sperrigen Charakteren, spiegeln sich in den Zeichnungen.
Heute lebt Janosch bescheiden in Teneriffa, Geld verdient er mit dem Verkauf seiner Zeichnungen und liegt, nach eigenen Worten, den ganzen Tag in der Hängematte. Er ist mit sich und der Welt größtenteils im Reinen, auf sein bewegtes Leben schaut er erstaunt zurück. Seine scheinbare Naivität ist der Schutz vor den schlimmen Erinnerungen, ebenso wie sein Humor.
‚Ich habe hundertmal überlebt. Ich wohne auf einer Sonneninsel. Mann kann nur in einem Bett schlafen und dreimal am Tag essen. Unterm Strich habe ich gewonnen.‘

Kirsten Schwarz