Ingo Schultze-Schnabl in der IHK

Ingo Schultze-Schnabl
hier – dort – und

Die IHK präsentiert in Zusammenarbeit mit uns vom 10. Mai bis zum 24. August 2012: Ingo Schultze-Schnabl

10.05.-24.08.2012
Ingo Schultze-Schnabl, hier – dort – und
IHK-Galerie in Zusammenarbeit mit der Art Galerie

Unter dieser Überschrift stellt der Neunkirchener Künstler Ingo Schultze-Schnabl in der Zeit vom 10.Mai bis zum 24. August 2012 in der Galerie der IHK aus.
Im Vordergrund stehen Arbeiten aus den letzten zwei Jahren, in denen sich die bekannt mehrteiligen Werke vom Gegenständlichen zum Abstrakten gewandelt haben. Der Hintergrund industrieller oder architektonischer Motive bleibt oft zu ahnen, wird aber ergänzt durch Eindrücke aus vielfältigen anderen Bereichen. Licht, Raum und  Körperlichkeit werden als Assoziationen hervorgerufen, weniger geschildert. Farbe und Struktur setzen Impulse und lösen beim Ausstellungsbesucher Vorstellungen aus, die im Blickwechsel von einem Bildteil „hier“ zum Bildteil „dort“ das „und“ im Kopf den Betrachters entstehen lassen. Dass dies „im wirklichen Leben“ auch nicht anders ist, gehört zu den Dingen, die der Künstler mit seinen aktuellen Arbeiten zwischen Grisaillemalerei und poppig-fröhlichen Farben auf Papier und auf Leinwand immer wieder neu untersucht und auf seine Mechanismen befragt.

Weitere Informationen über Ingo Schultze-Schnabl hier.

Ingo Schultze-Schnabl in der IHK
Der Künstler mit IHK Galerie und Art Galerie

IHK-Galerie
Koblenzer Straße 121
57072 Siegen

Öffnungszeiten
Mo – Do 8.00 bis 16:30 Uhr,
Fr 8.00 bis 15.30 Uhr
sowie jeden 1. Sonntag im Monat 15.00 bis 18.00 Uhr
Kontakt
tanja.bauschert@ihk-siegen.de

Zur Eröffnung sprach Kirsten Schwarz, Kunsthistorikerin

Rede von Kirsten Schwarz:

„Verspielt, spielerisch, durchgespielt, zufällig, offen, bedeutungsvoll, festgelegt“.

So charakterisiert Ingo Schultze-Schnabl selbst seine Kunst. Dem ist nicht viel hinzuzufügen. Ich will es dennoch versuchen und die gewählten Attribute näher beleuchten.
Verspielt, spielerisch, durchgespielt – scheinen die Werke Schultze-Schnabls auf den ersten Blick nicht. Sie kommen nicht zart und anmutig daher, stattdessen erscheinen schwere, kompakte Formen und  voluminöse Farbkompositionen. Doch diese Attribute beziehen sich auf den Herstellungsprozess. Die Bilder entstehen tatsächlich spielerisch. Zu  Beginn der Arbeit  führt das Ausprobieren und Experimentieren mit den Bildträgern zur Aufteilung der Proportionen. Das Spiel mit Bildraum und Umraum beginnt.

Die Vielschichtigen Motive von Schultze-Schnabl: Fragmentarische Relikte einer Unbekannten Kultur

Zufällig und offen – die Motive Schultze-Schnabls sind vielschichtig. Erkennbare, rostige Metallteile, die dennoch kein sinnvolles Ganzes zeigen. Sie wirken wie zufällig abgelegte Relikte einer vergangenen Kultur, der zukünftige Archäologen ihre Bedeutung erst zuweisen müssen. Oft scheinen sie riesengroß, Stelen, Zahnräder, Rohre,  allesdies wird jedoch nur ausschnitthaft, fragmentarisch präsentiert, als passe ihre komplette Gestalt nicht ins Bild. Eine Identifizierung ist nicht möglich und auch nicht gewollt, es sind offene Motive. Der Betrachter ist irritiert, die Offenheit in der Deutung birgt Unsicherheiten,  da Auge und Geist das Bekannte suchen. Man findet Muster und Fragmente, doch der Zusammenhang bleibt unklar. An dieser Stelle setzt neuer Denk- und Sehprozess ein. Bekanntes ist schnell konsumiert, Unbekanntes dagegen fasziniert.

Schultze-Schnabls Abstrakte Kunst: Ein Experiment mit Farben und Räumen

Auf der anderen Seite die abstrakten Motive. Sie entstehen aus einer Eigendynamik heraus, die der Künstler zulässt. Farben zerfließen zu Farbflüssen, Pinselstriche in der feuchten Farbe verwischen und vermischen Farben zu Schlieren,  Marmorierungen und Farbstrudeln. Immer wieder entsteht so ein neues Farbspiel, das so lange fortgeführt wird, bis ein für den Künstler zufriedenstellendes Ergebnis erreicht ist. Hier werden Versuche mit Farbperspektive und Assoziationen angestellt. Ein Erforschen der Möglichkeiten, die Farbspiele ohne gegenständliches Motiv bieten. Dennoch wird der Betrachter auch hier räumliche Anspielungen entdecken, ein Vor-und Zurückweichen der Flächen, scharfe Kanten, die nichts begrenzen, aber eine Raumillusion erzeugen.
Bedeutungsvoll, festgelegt – ein befriedigender Moment für jeden Künstler. Das Experiment ist geglückt, die Komposition funktioniert, das angestrebte Ergebnis bildet eine Einheit. Die Fragen, die Schultze-Schnabl während der Arbeit an sein Werk stellt, sind vielfältig und zeigen, dass er die künstlerische Arbeit mehr geistig-gestalterisch angeht als emotional. Ständige Überprüfung, forschen und austesten der Bildwirkung sind sein Antrieb. Wieweit kann ich gehen? Wieviel Nähe oder Abstand hält die Aufteilung der Einzelbilder aus?

Schultze-Schnabls Neueste Phase: Schwarz-Weiß-Experimente und Räumliche Komplexität

In einer neueren Werkphase geht er einen Schritt weiter und erprobt seine Fragestellung mit nur 2 Farben – schwarz und weiß, erneut ist der Betrachter gefordert. Trotz dieser Beschränkung wirken sie mehr malerisch als graphisch. Die Vielzahl der ineinander verwobenen Grautöne ergeben neue räumliche Anordnungen, wuchtige Flächen, scheinbare Durchgänge und auftauchende Hindernisse ergeben einen nicht zu definierenden Bildraum voller spannender Details.

Schultze-Schnabl und das Triptychon: Harmonie und Verknüpfung durch Dreiteiligkeit

Das traditionsgeladene und doch reizvolle Format des Triptychons wird  vom Künstler bevorzugt. Drei Bilder in Serie ergeben eine spannungsreiche Harmonie, ermöglichen ein Spiel zwischen Offenheit der Anordnung und der Abgrenzung durch das Motiv.  Auch wenn bei Schultze-Schnabl das Mittelbild nicht mehr herausgehoben wird, hat es nach wie vor seine Aufgabe als Verbindungselement. Es verweist auf die beiden Bildfelder neben sich und verknüpft die Formen.

Schultze-Schnabls Spiel mit dem Zwischenraum: Realität und Illusion im Dialog

Das Spiel mit dem Zwischenraum, mit der Leerstelle ist Schultze-Schnabls  Hauptanliegen. Der Illusionsraum des Gemäldes wird ständig in die Wirklichkeit zurückgeholt. Der Betrachter wird konfrontiert mit dem Anspruch, das Bild selbst zusammensetzten zu müssen. Objekte werden immer im Kontext ihrer Umgebung wahrgenommen, das wird deutlich, wenn sie in einen atypischen Kontext versetzt werden. Ein Bild ist in unserer Vorstellung ein Ganzes. Das Bild ist, psychologisch betrachtet, eine Interpretation von Sinneseindrücken in bestehende Vorstellungen. Diese bestehenden Vorstellungen werden von Ingo Schultze-Schnabl  unterlaufen. Ein neues Sehen wird dem Betrachter abgefordert. Er muss die gängigen Prozesse des Erinnerns, Erkennens und Assoziierens neu kombinieren um das Wahrgenommene zu verstehen. Ein visuelles Erlebnis. Die Zwischenräume, der Abstand, der hier in ein bestehendes Bild gebracht wird, muss mit betrachtet werden. Der Hintergrund, die Wand, erlangt eine neue Bedeutung, ist nicht nur um das Bild präsent, sondern im Bild. Die Realität drängt ins Bild.

Eine Herausforderung für die Wahrnehmung des Betrachters

Und doch muss nichts, im Sinne einer optischen Täuschung, ergänzt werden, denn es gibt keine Fehlstellen. Jedes Werk ergibt, zusammengeschoben, wieder ein Ganzes. Dennoch präsentiert es  sich als  ein intellektuelles Suchbild für den Betrachter:  wo ist der Anschluss an die Fläche, wo geht sie weiter, wo endet sie? Der Künstler stellt uns Fragmente auf verschiedenen Ebenen gegenüber, die wir entwirren müssen um zum Bild zu kommen. Er verstellt uns den direkten Weg und fordert unsere eingefahrene Wahrnehmung heraus, die ja nichts anderes ist  als ein Zusammenführen von Teilinformationen zu einem subjektiven Gesamteindruck. Die Werke Ingo Schultze-Schnabls machen uns die  Subjektivität unserer Wahrnehmung erst bewusst, und wir erkennen die großen Möglichkeiten, die die Kunst liefert, um uns immer wieder darauf hinzuweisen. Jeder von uns agiert in seinem Denkraum, eine Erweiterung dieses Raumes ab und zu kann sicher nicht schaden. Ingo Schultze-Schnabl  definiert den  Anspruch an seine Kunst prägnant mit den Worten:

„Mich interessiert die Fähigkeit des Bildes, den Raum des Betrachters zu öffnen“.

Eröffnung von Ingo Schultze-Schnabl

Biografie des Künstlers Ingo Schultze-Schnabl

Vita
1953 Geboren in Hilchenbach
1973-78 Studium Kunst und Englisch

Mitgliedschaften
Seit 1993 Mitglied im Berufsverband Bildender Künstler

Einzelausstellungen (Auswahl)
2003 Nümbrecht, Kunstverein „Taking Part“
2005 Siegen, Atelierhaus Friedrichstraße „zu Besuch“
2010 Hilchenbach-Grund „GrundStücksBesichtigung“
2012 IHK-Galerie „hier – dort – und“
2013 Museum des Siegerlandes „dazwischen sehen“
2014 Dortmund, Galerie Fischer „ZusammenSehen“
2016 Night and Day, Kunstverein in der Hees Bürowelt, Siegen
2017 nicht lückenlos zu klären, Kunstraum 3, Lengerich
2018 Objets Cachés, Hagenring-Galerie, Hagen
2018 Laputa und andere, Kulturforum Netphen
2019 Dialog 173 mit Eddy Pinke, Neunkirchen
2019 Neue Lese, Galerie der Spk. Wittgenstein, Bad Berleburg
2020 Sinn machen, Haus der Ev. Kirche, Bonn
2021 Sinn machen, Kunstverein, Offenbach
2022 WYSIWYG, KuKu Produzentengalerie, Siegen
2022 Sinn machen, Thomas Morus Akademie, Bensberg

Publikationen (Auswahl)
2001 Neunkirchen: Zwischenbericht
2006 Deyang: in turn
2010 Hilchenbach-Grund „GrundStücksBesichtigung“
2013 IHK-Galerie: 50 im Dialog
2013 Museum des Siegerlandes: „dazwischen sehen“
2014 Dortmund, Bundesverband Bildender Künstler (BBK): Inventionen
2015 Dortmund, Bundesverband Bildender Künstler: 10 x 30
2018 Attendorn, Bundesverband Bildender Künstler: Kontakt – unerwartet
2018 Dortmund, Bundesverband Bildender Künstler: 1 Meter
2019 Dortmund, Bundesverband Bildender Künstler: Zeitfenster – Auf Kipp
2023 Bergisch-Gladbach, „Sinn machen“

Zur künstlerischen Arbeit

„Ich habe mein Spielzeug gefunden. Der Kasten ist nicht sehr groß, aber er erweitert sich geheimnisvoll von Jahr zu Jahr.” Ingo Schultze-Schnabl

„Aus der künstlerischen Frage: ‚Was löst eigentlich beim Betrachter den Reflex zum Verknüpfen und Deuten aus?‘ entstehen so immer wieder neue Wahrnehmungsexperimente.”
Kirsten Schwarz, Kunsthistorikerin, Siegen

„Wir beginnen jede Erkenntnis mit einer hypothetischen Festlegung darüber, vor welchem Hintergrund sich das Ganze abspielt. Zahlreiche Bildwerke von Herrn Schultze-Schnabl zielen auf diese philosophische Prämisse ab und wir können bei ihrer Betrachtung spielerisch-experimentell erfahren, welche dinglichen Manifestationen entstehen in Abhängigkeit welcher definitorischen Prämissen.” Prof. Berthold Stötzel, Siegen

„Die Abstände zwischen den Bildbahnen sind fast wie Pausen, wie Blickwechsel, wie Luftholen. Mitunter scheint es, als würde sich die Wirklichkeit durch Drehung oder Spiegelung in der Wahrnehmung des Malers verschieben, strecken, neu finden, vervielfachen oder auch verlieren. Erkennbar wird durchgehend, dass durch Sicht-, Denk-, und Malweise sich die Wirklichkeit in eine durchschaute Bildwirklichkeit verwandelt.“ Prof. Frank Günter Zehnder, Kunsthistoriker

„Ich habe mein Spielzeug gefunden. Der Kasten ist nicht sehr groß, aber er erweitert sich geheimnisvoll von Jahr zu Jahr.” Ingo Schultze-Schnabl