Falk.brvt – Von Abstraktionen, Bildfehlern und glücklichen Momenten

Ausstellung von Falk von Traubenberg, alias Falk.brvt mit dem Titel on Abstraktionen, Bildfehlern und glücklichen Momenten in der Art Galerie.

Falk.brvt – Von Abstraktionen, Bildfehlern und glücklichen Momenten
Wir laden Sie herzlich ein zur Ausstellung

Falk von Traubenberg
Von Abstraktionen, Bildfehlern und glücklichen Momenten
22. Juni bis 23. August 2025

Vom 22. Juni bis zum 23. August 2025 stellt der Hamburger Künstler Falk.brvt, alias Falk von Traubenberg, seine Werke in der Art Galerie Siegen aus. Der autodidaktische Fotograf und Künstler, dessen Basis ein Architekturstudium bildet, begreift sein Schaffen als fortlaufende Auseinandersetzung mit sich selbst und dem Wesen des Menschseins.

Der Ausstellungstitel von abstraktionen, bildfehlern und glücklichen momenten verweist auf zentrale Konzepte seines Schaffens, das sich mit der Dekonstruktion und Neuinterpretation visueller Information auseinandersetzt. Durch gezielte Reduktionen und Manipulationen des fotografischen Bildes eröffnet der Künstler alternative Lesarten. Im Zentrum stehen dabei Fragestellungen wie: Was für ein Bild entsteht, wenn es auf 8×8 Pixel reduziert wird? Was passiert, wenn ein Datentransferfehler die gestalterische Hoheit über das Motiv gewinnt? Und wie verhält sich das alles zur eigenen Existenz? Der Künstler lädt die Betrachtenden zum visuellem philosophieren solcher Fragen ein.

Die Ausstellung umfasst mehrere Werkserien, wobei das Quadrat als wiederkehrendes Strukturprinzip fungiert. In der Auseinandersetzung mit kunsthistorischen Referenzen – insbesondere mit dem Werk Caspar David Friedrichs – adaptiert falk.brvt dessen konzeptuelle Herangehensweise an Landschaftsdarstellungen, die weniger als naturalistische Abbildungen sondern als Spiegel innerer Seelenzustände fungieren. Der künstlerische Prozess folgt dabei einer Reduktion: Die Motive werden zunächst auf eine geringe Anzahl von Pixeln heruntergebrochen, anschließend stark vergrößert und schließlich in ein sechsteiliges Tableau überführt. Das Bildverhältnis von 2:3 orientiert sich am klassischen Kleinbildformat der analogen Fotografie. Durch diese Transformation entstehen visuelle Strukturen, die das ursprüngliche Motiv auf eine abstrakte, bisweilen nahezu entmaterialisierte Ebene überführen. Im Ergebnis verdichtet der so abstrahierte und erweiterte Bildraum die innere Struktur und Bildatmosphäre des jeweiligen Werks. Gleichzeitig eliminiert Falk.brvt alles Gegenständliche und Narrative. Übrig bleibt die reine Bildessenz: das eigene empfinden.

Falk.brvt
Von Abstraktionen, Bildfehlern und glücklichen Momenten
22. Juni bis 23. August 2025
Vernissage: Sonntag 22. Juni 2025, um 11.00 Uhr
Zur Eröffnung sprach Noa-Kristin Strunk

In Falks Arbeiten wird die Vielschichtigkeit seines Werks ebenso evident wie die Konsequenz und Präzision seiner künstlerischen Praxis. Seine abstrakten Bildfindungen operieren in einem Spannungsfeld aus digital erzeugter Irritation, konzeptueller Strenge und einem subtil austarierten Spiel mit Wahrnehmung und Erwartungshaltungen.
Diese Aspekte – und wie sie sich konkret in den ausgestellten Arbeiten manifestieren – werde ich im weiteren Verlauf noch genauer erläutern.
Ein durchgängiges formales Prinzip strukturiert sämtliche gezeigten Arbeiten, auch wenn sich diese inhaltlich auf ein weites Spektrum zwischen figürlichen Sujets und abstrahierten, ländlichen Szenarien erstrecken: das Quadrat. Diese geometrische Grundform, die in ihrer Gleichseitigkeit Symmetrie, Neutralität und formale Reduktion verkörpert, dient nicht bloß als Träger des jeweiligen Motivs, sondern vielmehr als konzeptuelles Fundament. Es wird zur projektiven Fläche für Prozesse visueller Dekonstruktion.
Neben der formalen Dominanz des Quadrats tritt ein weiteres zentrales Strukturprinzip in den Vordergrund: die Zahl Acht. Sie fungiert nicht nur als visuelle Ordnungsgröße – etwa in den 8×8-Rastern, die viele der Arbeiten systematisch gliedern –, sondern bildet ein übergeordnetes konzeptuelles Gerüst, das sich durch das gesamte künstlerische Schaffen von Falk Brvt zieht.
Diese Zahlenstruktur ist dabei keineswegs beliebig, sondern in biografischen und persönlichen Aspekten des Künstlers tief verankert. Bereits zwischen 1994 und 2001 – einer Phase, die ihn vom Bauingenieur über die Architektur schließlich zur Fotografie führte – kristallisierte sich für ihn eine Orientierung an zyklischen Zeitabschnitten heraus, die auf der Zahl Acht basieren. Dieser biografisch fundierte Zugang zur Struktur wurde 2018 systematisch etabliert: In jenem Jahr wählte der Künstler nicht nur den Künstlernamen falkbrvt, sondern legte auch die numerologische Grundordnung seiner künstlerischen Praxis fest.
Der Name falkbrvt selbst ist eine prägnante Verdichtung bzw akronyms seines vollständigen Namens Falk Baron Rausch von Traubenberg – ein achtgliedriger Name, der sich formal in den acht Buchstaben des Pseudonyms spiegelt. Auch sein Geburtsdatum ergibt in der numerologischen Quersumme die Acht. Diese Zahl steht nicht nur für Ordnung und Wiederholung, sondern verweist bei Brvt auch auf einen bewusst gesetzten künstlerischen Zeitrahmen: Acht mal acht Jahre – also insgesamt 64 Jahre – hat sich der Künstler für sein schöpferisches Arbeiten eingeräumt. Damit endet sein künstlerisches Schaffen konsequent im Jahr 2057 – ein selbst gesetzter Endpunkt, der seinem Werk eine zusätzliche Dimension von Zeitlichkeit, Endlichkeit und struktureller Geschlossenheit verleiht.
Diese persönliche Systematik verknüpft sich auf prägnante Weise mit der inhaltlichen und formalen Logik der Werke – sie macht deutlich, wie eng biografische Struktur, künstlerisches Konzept und gestalterische Ordnung bei dem Künstler ineinandergreifen.
Das Quadrat erschöpft sich zudem nicht in seiner Funktion als Format. Vielmehr erscheint es innerhalb der einzelnen Werke erneut – mit verschiedenen Strukturprinzipien unteranderem von 8×8 Rastereinheiten, die den Bildraum in jeweils 64 gleichgroße Segmente unterteilen.
Ein prägnantes Beispiel für Falk Brvts Arbeitsweise ist das Kampagnenbild der Ausstellung, in dem er auf ein Werk rekurriert, das tief im kollektiven Bildgedächtnis verankert ist: Caspar David Friedrichs der Wandrer über dem Nebelmeer (1823–1824). Dieses ikonische Gemälde der Romantik bildet die konzeptuelle Ausgangsbasis für die Entwicklung von Falks 8×8-System. In dem gleichnamigen Werk wird Friedrichs Komposition in ihre visuellen Grundstrukturen überführt: Das Motiv wird in einzelne Pixel zerlegt und vergrößert. Auf diese Weise verwandelt sich die erzählende Landschaft in eine strukturierte Anordnung farblicher Felder – eine ästhetische Verschiebung, die von der figurativen Narration hin zu einer abstrakten Ordnung führt.
Trotz dieser radikalen Reduktion beziehungsweise abstraktion bleibt die Atmosphäre des Originals erhalten: nicht im Sinne einer direkten Wiedererkennbarkeit, sondern als visuelle Ahnung, als innerer Resonanzraum. Die abstrahierten Bildelemente transportieren eine emotionale Dichte, die sich weniger über konkrete Formen als vielmehr über Farbklänge, Rhythmus und Struktur vermittelt – und damit Ausdruck innerer Zustände bleibt, wie es auch das romantische Vorbild intendierte. Die für den Betrachtenden sind 64 Segmente bilden jeweils autonome Bildräume, die sich zugleich zu einer übergeordneten Gesamtstruktur fügen – einer Struktur, in der sich vergangene Bildvorlagen und gegenwärtige künstlerische Interpretation zu einer neuen, vielschichtigen Bildrealität verdichten. Diese Ordnung wird dabei nicht als starres System wahrgenommen, sondern als offener Rahmen für eine komplexe visuelle Erfahrung.
Denn wenn wir als Rezipierende vor diesen Werken verweilen und ihre Bildsprache wirklich aufnehmen, eröffnet sich eine ästhetische Erfahrung – eine, die in der sinnlichen Wahrnehmung gründet und unseren Blick nachhaltig verändert. Wir lernen zu sehen, nicht im funktionalen, sondern im bildenden Sinn: Die Werke sensibilisieren uns für Strukturen, für das Unsichtbare zwischen den Bildern, für das, was sich nicht auf den ersten Blick erschließt – und genau darin liegt ihre Tiefe.
Dies ereignet sich auch ´in der Arbeit, die den Titel „das paar“ trägt: Zwar lassen sich bei genauer Betrachtung noch die ursprünglichen Umrisse und Motivanteile des Ausgangsbildes erkennen, entsteht eine gänzlich neue Bildatmosphäre – entrückt, anonymisiert und gleichzeitig von hoher emotionaler Dichte. Der Bildinhalt wird abstrahiert, die narrative Eindeutigkeit zugunsten einer offenen Lesbarkeit aufgelöst.
Die Wirkung der Werke unterscheidet sich jedoch auch maßgeblich, inwiefern, die felder eingeteilt sind und ob das Quadrat sich durchgehend im Werk befindet.
Die ehemals fotografischen Gebirgszüge der Reihe Move Mountains werden in den Mittelpunkt gerückt und in längliche, horizontale Linien übersetzt. Diese Linien erscheinen durch das zugrunde liegende Raster rhythmisiert, fragmentiert und gebrochen. In dieser ästhetischen Überformung erhalten die Berge eine fast kristalline Präsenz. Die Linien verdichten sich zu scharfen Kanten, die Oberfläche wirkt hart und durchzogen von feinen Rissen – Spuren eines inneren Drucks. Die Rasterstruktur erzeugt Brüche innerhalb der Bildfläche, Segmentierungen, die einerseits an kartografische Gitter erinnern, andererseits aber auch als visuelle Metapher für Wahrnehmungslücken gelesen werden können. Auffällig sind auch die in Falks befindenden Leerstellen, die sich durch das gesamte Werk ziehen, manifestieren sich auf mehreren Ebenen: zum einen innerhalb der gerasterten Kachelstruktur selbst – als visuelle Unterbrechungen –, zum anderen aber auch inhaltlich im Akt der Rezeption. Sie entstehen dort, wo Erwartungen unterlaufen, Zusammenhänge fragmentiert oder Bedeutungen bewusst offengelassen werden.
Diese Leerstellen – visuell wie semantisch – bilden einen entscheidenden Bestandteil der Arbeiten. Sie markieren nicht nur Abwesenheit, sondern verweisen auf eine ausgesparte Beziehung, auf das, was zwischen den Bildteilen zunächst vermeintlich Informationen fehlen. Wie der Bildraum begrenzt ist. Dadurch wird der Rezipient in eine aktive Position versetzt: Er oder sie ist aufgefordert, die Fragmente zu verbinden, Brüche zu akzeptieren, und mit den bildimmanenten Unschärfen umzugehen.
Zugleich arbeitet der Künstler mit Subjekten Elementen, die dem Betrachtenden identifikatorische Ankerpunkte bieten. Dies ist sein werkreihe aus dem Jahr 2018, die zugleich wie bereits erwähnt, die Zahl 8 und das Quadrat in den Fokus rückte : dualismus
Diese Subjekte wirken zunächst vertraut, entziehen sich jedoch einer eindeutigen Lesart. Falk nutzt diese Ambivalenz produktiv: Die Werke befinden sich zwischen Wiedererkennung und Verfremdung, zwischen dem Persönlichen und dem Kollektiven.

Ein besonders eindrucksvolles Beispiel dafür ist eine Arbeit, die ein anonymisiertes, gesichtsloses Subjekt zeigt ind dem werk jesus he knows me – eine menschliche Figur ohne individuelle Zuschreibung, deren ikonografische Codierung jedoch tief im kollektiven Bildgedächtnis, insbesondere in der christlich geprägten Ikonografie, verankert ist. Die Komposition erinnert unweigerlich an die Darstellung von Jesus : Die Körperhaltung, die symmetrische Ausrichtung der Gliedmaßen, die vertikale Formatierung – all dies ruft Assoziationen an die Passion Christi hervor. Und doch verweigert das Werk eine eindeutige religiöse Referenz. Das Kreuz als zentrales Symbol ist nicht vollständig dargestellt, sondern erscheint als fragmentierte Form: Durch die bewusste Vierteilung des Bildträgers entstehen räumliche Einschnitte, die das ikonografische Gefüge aufbrechen. Diese Zwischenräume wirken wie das Fehlende Kreuz In seiner künstlerischen Praxis verbindet Falk Brvt systematische Strenge mit ästhetischer Offenheit – ein Spannungsverhältnis, das seine Arbeiten sowohl formal als auch inhaltlich prägt. Raster und Regel, Fehler und Fragment, Erinnerung und Neuanordnung stehen nicht in Opposition, sondern bilden vielmehr die Pole eines bewusst gestalteten Möglichkeitsraums.
Seine Werke sind mehr als nur visuelle Kompositionen – sie sind Denk- und Wahrnehmungsräume, in denen das Bekannte ins Ungewisse kippt, in denen Leerstellen ebenso beredt sprechen wie die farblich und strukturell verdichteten Flächen. Es sind Arbeiten, die keine einfachen Antworten liefern, sondern Fragen aufwerfen: nach Identität, nach Erinnerung, nach dem, was sichtbar bleibt – und dem, was sich entzieht.
Diese Ausstellung zeigt, wie konsequent und zugleich überraschend vielschichtig Falk Brvt seine Bildwelt entwickelt hat – über Jahre, über Serien, über Medien hinweg. Zwischen digitaler Dekonstruktion und kunsthistorischem Echo entsteht ein Werk, das uns fordert und formt: als Betrachtende, als Mitdenkende, als Miterlebende.